Kein Mord in Oö.

Erstmals seit 1946 kein Mord in Oberösterreich

LINZ. Im Schnitt ereignen sich pro Jahr zehn vorsätzliche Tötungsdelikte – Tendenz sinkend.

Selbst langjährig erfahrene Kriminalisten und Staatsanwälte in ganz Oberösterreich sind

überrascht: Seit Jahresbeginn wurde heuer in Oberösterreich kein "vollendeter Mord" (im

Gegensatz zum Mordversuch) angezeigt. Das gab es seit dem Jahr 1946, also beinahe 70 Jahre

lang noch nie. Das Bundeskriminalamt verfügt zwar erst seit dem Jahr 1953 über eine Statistik,

den OÖNachrichten liegt allerdings eine Liste für das Bundesland ab dem ersten Jahr nach dem

Zweiten Weltkrieg vor.

Im Durchschnitt ereignen sich in ganz Oberösterreich acht bis zehn Morde pro Jahr, wobei im

Schnitt laut Statistik im Zeitraum von Anfang Jänner bis Ende Juni rund drei bis vier Taten

anfallen. "Das schwankt natürlich. Manchmal waren es lediglich zwei, dann wieder fünf im ersten

Halbjahr", sagen Ermittler.

"Die Kollegen vom Ermittlungsbereich ‘Leib-Leben’ waren in den vergangenen Tagen ebenfalls

schon überrascht, dass es heuer noch keinen vollendeten Mord gab", sagte gestern dazu

Gottfried Mitterlehner, Leiter des Landeskriminalamtes (LKA) Oberösterreich den OÖNachrichten.

Genaue Ermittlungsarbeit

Die Statistiken widerlegen die (auch durch viele Medienberichte suggerierte) gängige Meinung

der Bevölkerung, dass die Zahl der Morde in unserer Gesellschaft im Steigen sei, obwohl diese

seit Jahren statistisch stabil sind beziehungsweise sogar sinken. "Es ist natürlich sehr erfreulich,

dass das schwerste Gewaltdelikt zurückgeht. Arbeitslos werden die Kollegen dadurch aber nicht,

weil es ja weiterhin zahlreiche bedenkliche Todesfälle gibt, bei denen ein Gewaltverbrechen

vorliegen könnte. Und das muss ausgeschlossen werden", sagt Mitterlehner. "Rein statistisch ist

allerdings bald wieder mit einer schweren Gewalttat gegen das Leben zu rechnen."

"Wir haben in der Vergangenheit bereits Jahre gehabt, in denen wir bis zu 20 Morde der

Staatsanwaltschaft angezeigt haben", sagt ein Kriminalist. So ereigneten sich im Jahr 1975

alleine in Linz acht Morde (Oberösterreich gesamt 19), die von der Justiz auch als solche

abgeurteilt wurden. Im Jahr 1947 wurden in der Landeshauptstadt gar 17 Morde registriert. Kein

vorsätzliches Tötungsdelikt gab es hingegen in Linz in den Jahren 1997, 2003, 2011 und 2012.

Zeit für ungeklärte Fälle

Nachdem derzeit in Oberösterreich keine aktuellen Mordfälle zur Bearbeitung anstehen, haben

die Ermittler Zeit, sich mit ungeklärten Fällen zu beschäftigen. Ganz oben auf der Liste steht

dabei der Fall Martina Posch. Die 17-Jährige war am 12. November 1986 in Vöcklabruck erwürgt

worden. Wie exklusiv 2013 berichtet, war es Experten der Gerichtsmedizin Salzburg gelungen,

eine DNA-Spur eines bisher unbekannten Mannes unter den Fingernägeln des Opfers zu finden.

Diese DNA kann allerdings nicht in eine Datenbank gespeist werden, sondern muss direkt mit

einem Verdächtigen abgeglichen werden.

OÖ-Nachrichten 8.7.2014